Elon Musk, einst selbsternannter "best buddy" Donald Trumps, zieht sich aus Washington zurück. Enttäuscht, desillusioniert und um einige Millionen Dollar ärmer, dafür aber wahrscheinlich um einige Erkenntnisse reicher. Der reichste Mann der Welt, der dachte, er könne die Bürokratie Amerikas genauso "disruptieren" wie einst die Automobilindustrie, stellt ernüchtert fest, dass Politik alles andere als ein leichtgewichtiges Startup ist.

Wie sehr Musk an dieses Missverständnis geglaubt haben muss, zeigte sich bereits im Februar: Damals sprang er mit einer Kettensäge bewaffnet auf die Bühne der "Conservative Political Action Conference" und verkündete, wie einfach es sei, Milliarden an Dollars einzusparen – "manchmal in einer Stunde". „Yeah, like, it’s wild“, fügte er hinzu. Eine Bemerkung, die klang wie ein Zitat aus dem Bewerbungsvideo eines Praktikanten bei SpaceX, nicht wie die Worte eines seriösen Politikberaters.

Die Kettensäge – ein Geschenk des argentinischen Präsidenten Javier Milei – wurde zum Symbol dieses Ansatzes: durchsägen statt durchdringen, zerstören statt gestalten. Musks Stil, bei Twitter (Verzeihung: X) 80 Prozent der Belegschaft zu entlassen und das als Innovation zu verkaufen, ließ sich eben nicht so einfach auf die staatliche Verwaltung übertragen: Die Bürokratie Washingtons ist keine moderne digitale Plattform – sie ist ein über lange Zeit gewachsenes politisches System.

Was also hatte sich Musk von seinem kolportierten 250-Millionen-Dollar-Investment in Trumps Wahlkampf wirklich versprochen? Die Antwort liegt, wie so oft bei ihm, im Egozentrismus seiner unternehmerischen Laufbahn: totale Kontrolle, ungehinderte Umsetzung seiner Visionen und die Anerkennung als unverzichtbarer Architekt einer neuen Ordnung. Elon Musk ist es gewohnt, dass seine Unternehmen um ihn kreisen wie Planeten um eine Sonne, die niemals untergeht.

In Washington klappte das jedoch nicht – sein Stern ging dort nur kurz auf. Als Leiter des eigens geschaffenen "Department of Government Efficiency" (DOGE) wollte Musk eine Billion Dollar an Staatsausgaben einsparen – ein Vorhaben, das insgesamt so plausibel erscheint wie ein Marsflug mit Handgepäck und ohne Raumanzug. Doch wenn man Raketen bauen kann, so dachte er wohl, wird man auch den Staat entschlacken können. Nur: Der Staat wehrte sich.

Und so kam, was kommen musste: Musks Kollision mit der Realität. Sein DOGE-Team übertrieb öffentlichkeitswirksam Erfolge, verkündete das Ende von Verträgen, die nie existierten – und löschte die entsprechenden Posts später wieder. Die versprochenen Einsparungen blieben, sagen wir es diplomatisch, in der Zukunft. Was als beherzter Zugriff geplant war, wirkte zunehmend wie ein hektisches Fuchteln mit der Metaphernsäge.

Hinzu kam, dass Musk nie die Absicht hatte, das System wirklich zu verstehen. Sein Desinteresse an den Mechanismen einer Bürokratie, die er reflexartig als „toxisch“ bezeichnete, sabotierte seine eigenen Bemühungen. Das Ergebnis: viel Lärm, wenig Wirkung. Und ein Paradebeispiel für den Dunning-Kruger-Effekt1 – je weniger man über ein System weiß, desto einfacher erscheint einem seine Reform.

Besonders entlarvend wurde das Ganze, als Musk begann, öffentlich gegen Trumps eigene Politik zu schießen. Er nannte das neu verabschiedete Ausgabenpaket "enttäuschend" und kritisierte das zunehmende Haushaltsdefizit. Trumps Team reagierte verschnupft – Stephen Miller, Trumps stellvertretender Stabschef für Politik, konterte auf X, ohne den Namen Musk zu erwähnen, aber mit deutlich erkennbarem Ziel. Und Musk selbst? Der echauffierte sich zusätzlich über einen KI-Deal mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, der nicht an sein Unternehmen xAI ging, sondern ausgerechnet an OpenAI, jenes Projekt, das er einst mitbegründete, bevor es zum Bruch mit Sam Altman, dem jetzigen Solo-Chef von OpenAI kam.

An dieser Stelle wurde deutlich, wie brüchig das Bündnis zwischen Musk und Trump tatsächlich war. Musk wollte Einfluss, aber keine Loyalität. Präsenz, aber keine Pflichten. Doch Trump duldet keine Nebengötter. Und so kam es zu jener bizarren Szene in Katar, wo Musk brav in einer langen Warteschlange stand, um dem Präsidenten beim Empfang im Lusail Palace die Hand zu schütteln: Eine Demütigung für Elon Musk – in aller Öffentlichkeit inszeniert und zelebriert.

Auch auf finanzieller Ebene folgte Ernüchterung: Aus geschäftlichem Eigeninteresse investierte Elon Musk 25 Millionen Dollar in einen Richterwahlkampf in Wisconsin – und verlor. Ein teurer Beweis dafür, dass sich politische Realität nicht einfach mit Börsenlogik kaufen lässt.

Musk selbst zeigte sich zuletzt nachdenklich. „Ich denke, ich habe wahrscheinlich etwas zu viel Zeit mit Politik verbracht“, gestand er. Eine Einsicht, die man ihm nicht zugetraut hätte – aber vielleicht gerade deshalb ernst nehmen sollte. Der Rückzug ins operative Geschäft bei Tesla und SpaceX wirkt weniger wie eine strategische Neuausrichtung, sondern mehr wie das Eingestehen einer Niederlage. Musk kehrt zurück zu dem, was er kennt: Technik, Kontrolle, Unternehmertum. Also dorthin, wo keiner widerspricht – solange nur der Aktienkurs stimmt.

Am Ende bleibt von Elon Musks politischer Episode nicht mehr als ein ironisch anmutender Titel: Der nützliche Idiot. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, wer hier wen benutzt hat – Trump Musk oder Musk den Staat. Aber auch darüber bin ich mir nicht sicher: Ob Musk in irgendeiner Form überhaupt für irgendwen nützlich war: für Amerika, sein eigenes Wirtschaftsimperium oder für sich selbst als Person. Was also, wenn jemand auf die Idee kommt und das Wort "nützlich" aus dem Titel dieses Kommentars streicht?

1 Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt ein psychologisches Phänomen, bei dem Menschen gerade dort am stärksten von sich überzeugt sind, wo sie am wenigsten Kompetenz aufweisen. Ihre Inkompetenz schützt sie gewissermaßen vor der Einsicht in ebendiese – denn wer keine Ahnung hat, dem fehlt oft auch das nötige Gespür dafür, wie viel Kompetenz andere für eine Sache mitbringen. Das Ergebnis: grenzenloses Selbstvertrauen bei gleichzeitig erstaunlicher Resistenz gegenüber Expertise.